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Field Service Management bis 2030?

Sophia Gies
30. Oktober 2025
6 Min Lesedauer

7 Trends zwischen Hype und Realität

Die FSM-Branche steht an einem Wendepunkt. Während Großkonzerne mit KI und IoT experimentieren, kämpft der Mittelstand oft noch mit der Einführung mobiler Apps. Diese Kluft wird die kommenden Jahre prägen. Ein realistischer Blick auf die 7 Trends, die Field Service Management bis 2030 tatsächlich verändern werden – bodenständige Wahrheiten inklusive.

1. KI-gestützte Einsatzplanung: Der lange Weg zur Autonomie

Der Hype: Algorithmen optimieren automatisch, der Disponent wird überflüssig. Die Realität: KI-gestützte Planung dient zunächst als Assistenzsystem, nicht als Ersatz. Die Technologie ist da, aber:

  • Datenqualität bleibt eine Hürde, etwa bei inkonsistenten Kundenprioritäten und fehlenden historischen Daten.
  • Menschen vertrauen der “Black Box” nicht blind – und das ist gut so.
  • Kritische Entscheidungen – VIP-Kunden, komplexe Sonderfälle – bleiben beim Menschen.

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Echter Vorteil: Nicht vollständige Automatisierung, sondern dass ein Disponent deutlich mehr Techniker koordinieren kann als heute.

2. Predictive Maintenance: Von der Verheißung zum Reality Check

Was funktioniert bereits: Sensorbasierte Überwachung bei Großanlagen (Turbinen, Aufzüge, Produktionsanlagen) mit klaren Verschleißmustern. Hier sind hohe Vorhersagegenauigkeiten realistisch. Wo es scheitert: Bei heterogenen Anlagenparks mit hunderten verschiedenen Maschinentypen. Die Implementierung kostet ein Vielfaches des erwarteten Nutzens.

Predictive Maintenance rechnet sich, wenn:

  • Ausfallkosten sehr hoch sind.
  • Genug identische Anlagen existieren, um Muster zu erkennen.
  • Sensoren bereits verbaut sind, denn Nachrüstung ist ein Kostenfaktor.

Der kommende Trend: Nicht flächendeckendes Predictive Maintenance, sondern selektive Implementierung bei kritischen Assets. Der Rest bleibt bei bewährter präventiver Wartung – was vollkommen in Ordnung ist. Neuer Fokus: “Condition-based Maintenance” als Mittelweg – Sensoren melden kritische Zustände, aber ohne komplexe ML-Modelle.

3. Augmented Reality: Noch nicht reif, aber mit Potenzial

Der Marketing-Traum: Jeder Techniker trägt eine Smart-Brille und sieht Reparaturanleitungen live eingeblendet. Die Realität:

  • AR-Brillen sind sehr teuer.
  • Akkudauer ist begrenzt und für einen vollen Arbeitstag oft nicht ausreichend.
  • Techniker finden sie ggf. unpraktisch, aka “Ich kann mein Tablet besser ablesen.”
  • Content-Erstellung ist extrem aufwändig (3D-Modelle, Anleitungen, Updates).

Realistische Prognose: AR wird eine Nischenanwendung bleiben für hochspezialisierte, seltene Reparaturen bei Großkunden. Außerdem bei Unternehmen mit sehr hohen Fehlerkosten wie Medizintechnik oder Luftfahrt. 

Was tatsächlich funktioniert: Remote-Assistance via Tablet/Smartphone: Ein erfahrener Kollege sieht via Kamera mit und gibt Anleitung. Einfach, günstig, sofort einsetzbar. AR für Trainingsszenarien und Onboarding: In geschützter Umgebung, wo Zeit keine Rolle spielt. Für die überwiegende Mehrheit der Servicefälle bleibt das Smartphone mit guten digitalen Checklisten die effizientere Lösung.

4. Der Fachkräftemangel als heimlicher Treiber

Was allen bewusst ist: In den kommenden Jahren gehen zahlreiche erfahrene Servicetechniker in Rente. Junge Fachkräfte fehlen massiv. Die Folgen:

  • Self-Service wird erzwungen: Kundenportale mit Video-Tutorials, Chatbots für Erstdiagnose, “Do-it-yourself”-Reparaturkits u. v. m.
  • Hybrid-Techniker: Eine Person vor Ort (auch angelernt möglich) + Remote-Experte für komplexe Diagnostik.
  • Gezielter Einsatz von Wissensdatenbanken: Nicht nett-zu-haben, sondern überlebenswichtig. Jede Lösung muss dokumentiert werden, bevor der Experte geht.

Radikale These: Ein wachsender Anteil der “Serviceeinsätze” wird ohne physischen Besuch gelöst – nicht weil die Technologie so toll ist, sondern weil schlicht die Menschen fehlen.

FSM-Software muss darauf reagieren:

  • Intelligente Triage-Systeme (Was kann remote gelöst werden?).
  • Integrierte Video-Support-Tools.
  • Skill-basiertes Routing (seltene Experten effizienter einsetzen).

5. Nachhaltigkeit: Zwischen echter Notwendigkeit und Greenwashing

Fakt ist: Unternehmen stehen unter zunehmendem Druck, CO₂-Emissionen zu reduzieren und ESG-konform zu berichten. Was FSM konkret beitragen kann:

  • Routenoptimierung: Deutlich weniger Kilometerleistung ist realistisch.
  • Elektrifizierung des Fuhrparks: Für urbane Einsätze zunehmend machbar, für ländliche Regionen mit langen Strecken momentan noch problematisch.
  • Predictive Maintenance: Längere Anlagenlebensdauer reduziert Ressourcenverbrauch.
  • Die Schattenseite:
  • ESG-Reporting kostet Zeit und Geld – jemand muss die Daten pflegen.
  • Elektrische Servicefahrzeuge sind erheblich teurer in der Anschaffung.
  • “Nachhaltig” bedeutet oft längere Anfahrtswege, weil der nächste verfügbare E-Transporter weiter weg steht.

Der realistische Ansatz: Nachhaltigkeit wird ein Optimierungsziel unter vielen – neben Kosten, Geschwindigkeit und Kundenzufriedenheit. Totale Priorisierung von Nachhaltigkeit können sich nur wenige Unternehmen leisten. Echter Trend: Transparenz. Kunden wollen wissen, wie nachhaltig ihr Service war – nicht per Hochglanzbroschüre, sondern mit echten Zahlen (gefahrene Kilometer, CO₂-Ausstoß, eingesparte Ressourcen).Das könnte künftig ein Standardabsatz im Servicebericht werden.

6. Integration statt Insellösungen: Das unterschätzte Kernproblem

Die Wahrheit: Die meisten FSM-Projekte scheitern nicht an schlechter Software, sondern an mangelhafter Integration mit bestehenden Systemen. Typische Schmerzpunkte:

  • ERP-System kann keine Echtzeitdaten liefern.
  • Lagerverwaltung läuft separat, Techniker wissen nicht, welche Teile verfügbar sind.
  • Kundendaten liegen im CRM, aber FSM hat keinen Zugriff.
  • Jedes System nutzt andere Kundennummern, Artikelnummern, Statusdefinitionen.

Der kommende Standard:

  • API-First-Architekturen: FSM-Systeme, die von Grund auf für Integration gebaut sind.
  • Low-Code-Integrationsplattformen: Auch KMU können ohne große IT-Abteilung Systeme verbinden.
  • Datenstandardisierung: Branchenweite Standards für Serviceaufträge, Ersatzteile, Statusmeldungen.

Wichtiger als fancy KI: Eine FSM-Lösung, die nahtlos mit mehreren anderen Systemen spricht, ist wertvoller als eine mit ausgefeilten Machine-Learning-Algorithmen, die isoliert vor sich hin werkelt.

7. Cybersecurity: Die tickende Zeitbombe

Unangenehme Wahrheit: Je vernetzter FSM wird, desto attraktiver wird es für Cyberangriffe. Reale Szenarien:

  • Ransomware legt die Einsatzplanung lahm – kein Techniker weiß, wohin er soll.
  • Manipulation von Wartungsdaten führt zu Anlagenausfällen.
  • Diebstahl sensibler Kundendaten über unsichere mobile Apps.

Was Standard werden muss:

  • Ende-zu-Ende-Verschlüsselung auch für mobile Apps
  • Regelmäßige Security-Audits
  • Offline-Fallback-Modi, wenn die Cloud nicht erreichbar ist
  • Schulung der Techniker zu den Themen Phishing, sichere Passwörter, öffentliche WLANs

FSM-Anbieter, die Security als nachrangig behandeln, werden zunehmend vom Markt verschwinden – entweder durch Reputationsverlust nach Hacks oder durch regulatorische Anforderungen.

Fazit: Evolution statt Revolution

Field Service Management wird sich evolutionär entwickeln, nicht revolutionär. Die großen Durchbrüche bleiben aus – stattdessen wird eine Vielzahl kleiner Verbesserungen den Alltag erleichtern.

Die drei wirklich relevanten Entwicklungen:

  • Hybride Intelligenz: KI unterstützt Menschen, ersetzt sie nicht. Die besten Ergebnisse liefert die Kombination aus algorithmischer Effizienz und menschlichem Urteilsvermögen.
  • Pragmatischer Technologie-Einsatz: Nicht die neueste Technologie gewinnt, sondern die, die sich nahtlos in bestehende Prozesse einfügt und schnell ROI bringt. AR-Brillen sind cool – aber ein gut gemachtes Tablet-Interface löst die meisten Probleme günstiger.
  • Resilienz durch Dezentralisierung: Die erfolgreichsten FSM-Systeme werden die sein, die auch funktionieren, wenn Cloud-Verbindungen ausfallen, APIs nicht erreichbar sind oder Daten fehlerhaft sind. Robustheit schlägt Feature-Fülle.

Für Unternehmen bedeutet das:

  • Investieren Sie in Datenqualität und Integration vor fancy Features.
  • Holen Sie Ihre Techniker von Anfang an ins Boot – die beste Software scheitert an mangelnder Akzeptanz.
  • Planen Sie realistisch: Eine solide FSM-Implementierung braucht Zeit, nicht nur wenige Wochen.
  • Fokussieren Sie auf messbare Quick Wins statt auf langfristige Visionen.

Der Service der Zukunft ist nicht radikal anders – er ist zuverlässiger, effizienter und menschenzentrierter. Und das ist mehr wert als jede Science-Fiction-Vision. Wenn man gut beraten wird. Probieren Sie es aus? Hier geht’s zur Demoversion mit Expertenbetreuung: